Der Wilde Freiger ist ein 3418m hoher Berg in den Stubaier Alpen, an der Grenze zu Südtirol. Er wird meist als Hochtour von der Stubaier Seite aus bestiegen und gehört zu den „Seven Summits Stubai“. Von der Südseite ist er im Juli quais Schneefrei und lässt sich ohne Gletscherausrüstung besteigen. Eine Mega Genießer Tour im Ridnauntal.

Am Talschluss, kurz nach der Ortschaft Maiern, gibt es direkt unterhalb des alten Bergwerks (Museum) einen relativ großer Parkplatz, für Besucher und Wanderer. Nach einer Übernachtung in der näheren Umgebung, starten wir von dort auf ca. 1400 m am nächsten Morgen um 7:00 Uhr die Tour. Gleich nach der Holzbrücke beim Bergwerk steht ein großer Wegweiser. Unser Tagesziel ist das Becherhaus, welches unmittelbar auf dem Gipfel des gleichnamigen Berges steht. Für die rund 1800 hm die nun vor uns liegen, werden etwas über 6 h Gehzeit angegeben. Über einen sehr schönen Weg geht es zunächst in angenehmer Steigung durch den Wald. Der Gletscherbach begleitet uns dabei über weite Strecken hinauf zur Grohmannhütte, die auf 2254 m Höhe liegt. Auf einem Gipfel, gegenüber der Hütte, haben wir zwei Kletterer entdeckt, die ihr Zelt dort oben aufgeschlagen haben – das nenne ich Alpinismus.

Der Weg zieht sich im Alpinen Gelände

Der Weg wird nun etwas steiler und manchmal hilft ein Stahlseil über knifflige Stellen hinweg. Nach einer Stunde Gehzeit erreichen wir auf 2586m die Teplitzer Hütte. Hier sollte man unbedingt Rast machen, wir lassen uns den leckeren Kuchen und Apfelstrudel jedenfalls schmecken. Bei Bedarf kann hier auch übernachtet werden und die Wirtsleute sind sehr freundlich. Nach kurzer Rast und warmen Tee –  ja es ist etwas frisch geworden – setzen wir den Weg fort, der nun um einiges anspruchsvoller wird. Ohne ernsthaften Höhengewinn geht es zunächst an der Bergflanke entlang. Nach einiger Zeit kommen wir oberhalb eines Gletschersees vorbei, von hier zweigt auch der Weg zur Nürnberger Hütte ab.

Gletschersee mit abzweig zur Nürnberger Hütte

Wir bleiben aber auf Kurs und steigen etwas weiter oben, hinab zum Ende einer Gletscherzunge und gehen über die Moräne hinüber zum nächsten Aufschwung. Dabei gilt es den Gletscherabfluss zu überqueren, der momentan relativ viel Wasser führt. Etwas Geschick und eine gute Wegwahl sind an der Stelle gefragt, um keine nassen Füße zu bekommen 😉 Farbige Stangen weisen in diesem Bereich den Weg bis hinauf zum Einstieg in einen mit Seilen versicherten Steig. Ab hier geht es oft  steil bergauf. Einige Geher kommen in den folgenden Passagen an ihr Limit, kämpfen sich aber irgendwie nach oben, oft mehr schlecht als recht. Auch meine Tourenpartnerin Andrea braucht hier etwas Zuspruch.

Etwas Zuspruch im Steig

 Wir „umrunden“ den Becher quasi solange, bis wir an seiner Flanke seil-versichert zum Gipfel hinaufsteigen können. Trittsicherheit und Erfahrung sollte man für die Tour mitbringen, denn für die Begehung des Becherhauses, muss man schließlich einen ausgewachsenen 3000er erklimmen. Immer wieder trifft man nun auf ausgesetzte Stellen, die erhöhte Aufmerksamkeit einfordern. Als wir am Becherhaus ankommen, sind wir froh es geschafft zu haben. Leider hat das Wetter wieder zugezogen und so ist die Sicht auf die umliegenden Gletscher und Berge sehr eingeschränkt. Der Freiger, der wilde Pfaff und das Zuckerhütl sind komplett in Wolken gehüllt, weshalb eine Besteigung des Freiger am selben Nachmittag nicht mehr lohnt. Außerdem hat mich der wirklich lange Anstieg mit seinen rund 1800 hm Müde gemacht und so hoffen wir auf den morgigen Tag und besseres Wetter. Auf der Hütte gibt es zwar nur kaltes Wasser zum waschen, aber egal, das gute Abendessen entschädigt für alle Mühen und Entbehrungen. In netter Gesellschaft verbringen wir einen angenehmen Hüttenabend auf 3195m. Allerdings verschlechtert sich das Wetter im Laufe des Abends Zusehens und es beginnt zu Regnen. Sogar etwas Schnee ist mit dabei. Als dann der Regen noch stärker wird und weiter anhält, sinkt die Aussicht auf eine erfolgreiche Besteigung des Freiger immer weiter. Doch die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt und am folgenden Morgen werden wir mit einem traumhaften Sonnenaufgang bei bestem Wetter belohnt. Die Morgenstimmung der umliegenden Gletscherwelt ist schon fast unwirklich schön.

Traumhafte Morgenstimmung am Becherhaus

Nach einem kurzen Frühstück starten wir dann um 6:45 Uhr Richtung Gipfel. Gleich hinter der Hütte geht es einige Stufen und Platten zur Einschartung hinunter. Am Grat angekommen entscheiden wir, dass ich alleine weiter zum Gipfel aufsteige. Andrea geht zurück zur Hütte und wartet dort auf mich. Sie fühlt sich nicht sicher in dem Gelände, also ist es besser so. Am Berg sollte man immer ehrlich sein, vor allem zu sich selbst! Über den blockigen Grat steige ich nun in absoluter Genusskletterei hinauf zum Signalgipfel und von dort aus hinüber zum Hauptgipfel des wilden Freiger.

Der Grat hinauf zum Gipfel des Freiger

Das vereiste Firnfeld dort, umgehe ich linker Hand, indem ich direkt auf dem Grat bleibe. Stürzen darf man an der Stelle jedoch nicht, da es links fast senkrecht zum Gletscher runter geht und unten eine große Spalte klafft. Kurz unterhalb des Gipfels wird es dann nochmal interessant, es gilt eine ausgesetzte Stelle zu überwinden, danach stehe ich bei strahlenden Sonnenschein und als Einziger, oben auf dem Gipfel des wilden Freiger.

Gipfelpanorama Freiger

Ein unbeschreibliches Glücksgefühl überkommt mich und ich befreie mich mit einem lauten Schrei von allen aufgestauten Emotionen. Ich bin einfach nur glücklich und dankbar, es geschafft zu haben. Der Blick auf die umliegenden Berge und die drunterliegenden Gletscher ist überwältigend. Von hier oben erkennt man sehr gut die exponierte und einmalige Lage des Becherhauses.  Dies ist einer jener Momente in meinem Leben, der zeigt, dass man die Hoffnung niemals aufgeben darf. Nach einer kurzen Gipfelrast steige ich sofort wieder ab, denn es ist bereits für Nachmittag eine Kaltfront angekündigt.

Blick vom Freiger-Gipfel zum Becherhaus

Noch ein Hinweis zum Schluss:

Bei der Besteigung des wilden Freiger von Südtiroler Seite, handelt es sich um eine anspruchsvolle Bergtour, die nicht unterschätzt werden sollte. Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und gute Kondition und Wetter, sind absolute Voraussetzung für eine erfolgreiche Besteigung. Für erfahrene Bergsteiger ist die Tour aber durchaus auch gut Solo machbar. Bergzeit.de hat darüber ausführlich in einem Artikel berichtet. Viel Spaß beim Lesen.

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Markus Leibl

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