Die Sonne lacht und die Berge rufen! Was gibt es dann Schöneres, als raus zu fahren und einen Gipel zu erklimmen? Genau das dachte ich mir beim letzten Sonnentag auch. Aber nicht irgendeinen Berg, einen ganz besonderen. Einen mittendrin, aber nicht zu weit weg, einen, der dennoch alles bietet, was das Bergsteigerherz begehrt. Sowas gibts nicht? Autorin Julia Bender und ich sind für euch auf den wohl wunderbarsten und aussichtsreichsten Gipfel der Ammergauer Alpen hinaufgestiegen. Ein kleines Juwel.
Die Schellschlicht. Schon der Name ist Programm. Der einsame Gipfel liegt in den Ammergauer Alpen, ist mit der Werdenfels-Bahn sehr einfach von Griesen zu erreichen und definitiv eine Bergsteigertour wert, zumal auch abseits der Menschenmassen. Da ich wusste, dass dieser Teil der Ammergauer Alpen eher in Vergessenheit geraten ist, hatte ich mich auf ein ruhiges Bergerlebnis eingestellt.
Doch als ich an dem Fluß Naidernach entlang losmarschiert bin, wurde ich glatt von Bikern überholt, die behaupteten auf den gleichen Berg gehen zu wollen. Nach wenigen Minuten ging es vom breiten Forstweg schon rechts auf einen Waldweg und da traf ich schon wieder die beiden Biker, die dann tatsächlich zu Wanderern transformiert sind- ohne entsprechende GPS-Route. Nach kurzem Diskutieren über die Richtung wurde recht schnell klar, dass wir die Tour zusammen gehen würden. Kurze Zeit später haben wir lustigerweise festgestellt, dass ich einen der beiden aus einem früheren Studentenwohnheim noch kannte- wie klein die Welt doch oft ist! So wurde die einsame Tour für mich zu einer sehr unterhaltsamen Tour mit alten und neuen Bergfreunden, was mir auch ein besseres Gefühl gegeben hat, da die Tour doch ausgesetzter war, als ich von meiner Recherche her erwartet hatte.
So sind wir über den Forstweg in nördlicher Richtung gegangen und ließen die sehr breite Naidernach sowie die vorwitzigen Kühe hinter uns. Schon bald erreichten wir die Brücke über das Bächlein Schellaine und wussten, dass wir uns auf dem richtigen Weg im Uhrzeigersinn befanden. Wenn man die Tour andersherum gehen will, was ich rückblickend machen würde, weil es am Gipfel recht steile Geröllpassagen gibt, dann sollte man 100 Meter vor der Brücke nach einem Baum Ausschau halten, auf dem in Rot die beiden Richtungen angemalt sind.

Die ersten steilen Passagen sind überwunden. Eine wohlverdiente Rast mit herrlichem Ausblick.
Nach der Brücke geht es in endlosen Serpentinen den Berg rauf durch den Wald. Das ist nicht wirklich abwechslungsreich und wurde teilweise als eintönig empfunden, aber man wird mit einem super Ausblick von der Schellalm auf die Zugspitze belohnt, an der wir eine längere Rast gemacht haben, um Fotos zu schießen, mit Sonnencreme nach zu cremen und die Brotzeit zu genießen. An dieser Stelle hat man dann auch schon ungefähr die Hälfte des Aufstiegs von 1350 Höhenmetern geschafft!

Schöner und kitschiger gehts kaum – die Schellalm mit Zugspitzpanorama
Als wir dann weiter gelaufen sind, haben wir schon nach kurzer Zeit endlich den schönen Abschnitt erreicht, an dem man ständig etwas zum Schauen hat- Felsformationen ohne Ende! Es ging erst über einen noch recht breiten Weg bis zu einer einfachen versicherten Stelle mit Seil und Stahltritten auf den ersten Gipfel, den “Brandjoch”, oder auch “Hoher Brand” genannt.

Langsam wird es immer steiniger. Irgendwo hier muss der erste Vorgipfel sein.
Das man auf einem offiziellen Gipfel steht, haben wir aber glatt verpennt. Dann ging es über einen längeren sehr aussichtsreichen Abschnitt über einen teils ausgesetzten Grat bis zur Schellschlicht.

Die kleine aber feine Kletterpassage
Endlich am Gipfelkreuz angekommen, kam die Sonne leider nicht mehr raus, sodass ich sehr schnell ziemlich gefroren habe und zum Weitergehen animiert habe – trotz des tollen Blicks. Die Mehrheit hat dann beschlossen, dass wir tatsächlich für den Abstieg den ausgesetzteren und nicht so gut ausgeschilderten Pfad Richtung Osten wählen. Das ist aufgrund der wunderschönen Bergwelt auch absolut empfehlenswert, allerdings war es teils recht mühselig durch das abschüssige Geröll nach unten zu steigen.

Die Mühen haben sich gelohnt: Das Panorama ist überwältigend. Vor uns das Zugspitzmassiv.
Nach dem felsigen Stück ging es auf einigen Serpentinen wieder durch den Wald hinab. Doch auf diesem Waldstück hat man eindeutig mehr zum Sehen, da man die Schellschlicht mit kleinen Bachläufen und Höhlen immer wieder bewundern kann. Auch die Stelle, an der man einen Bach überquert, verspricht kleine Höhlen, die wir aus Zeitgründen aber nicht weiter erkundet haben. Schließlich haben wir den Forstweg wieder erreicht, der uns zurück zur Naidernach führte. Ich hatte nicht erwartet, dass wir so schnell unten sein würden und dachte, den nächsten Zug könnte ich nicht erreichen. Doch am Fluss angekommen habe ich gemerkt, dass mein Zug in fünf Minuten fahren würde und wusste, der nächste erst wieder in zwei Stunden. Nach kurzem Austauschen der Emailadresse bin ich dann einfach losgelaufen, in der Hoffnung, dass der Zug wieder mal ein wenig Verspätung haben würde. Durchlaufen konnte ich die 1,5 km nach der anstrengenden Bergtour nicht und als ich neben der Bahntrasse herlief, habe ich schon gehört, wie der Zug an mir vorbei fuhr. Ich hätte ihn um wenige Sekunden verpasst, doch meine neuen Bergfreunde sind mit dem Rad vorgefahren und konnten den Schaffner überzeugen kurz zu warten. Danke hierfür und die spannende Tour!
Artikel geschrieben von: Julia Bender // Video: David Lochner
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Alexander von derklettersteiger.de
Klasse Tipp. Muss ich auch mal testen! Grüße, Alexander