Jeder Berg ist anders, wenn man ihn ein zweites mal besteigt. So denke ich zumindest. Und letztlich zeigt sich das auch im Winter. Eingehüllt in Schnee wirken sonst relativ einfache Berge, wie die Notkarspitze in den Ammergauer Alpen, auf einmal wie alpine Projekte. Nicht ganz ungefährlich aber eine tolle Abwechslung an den sonst recht öden Wintertagen.

Es ist Anfang März. Die Sonne scheint. Nach dem zähen und kaltfeuchten letzten Wochen ein herrlicher Auftakt und Grund genug die Bergsaison einzuläuten. Ich fahre in die Ammergauer Alpen. Nahe München ein toller Ort, um wieder fit für die großen Bergprojekte im Sommer zu werden.

In Unterammergau habe ich mir heute die Notkarspitze vorgenommen. Der Berg zählt nicht nur zu den schönsten Aussichtspunkten in der Region sondern wird in zahlreichen Bergmagazinen auch als „schwere Wanderung“ eingestuft. In Kombination mit Schnee dürfte das ein schönes Abenteuer werden. Denke ich mir…

yourdailymilk-notkarspitze-ziegelspitz-unterammergau (3)Wir starten am Parkplatz Ettaler Sattel. Ein alter Bergfreund begleitet mich. In Wintertagen sollte man auf der Notkarspitze nicht allein unterwegs sein. Der Weg ist teilweise recht ausgesetzt, lang und hin und wieder droht Lawinengefahr. Der Weg bis zum Ochsensitzt ist sehr steil und fordert bereits gute Kondition. Wir sind schnell unterwegs und nehmen den Nordaufstieg via Ziegelspitz. Vielleicht nicht die beste Entscheidung, denn die Sonne bleibt uns durch die Bäume nahezu verweigert. Wir sind dennoch guter Dinge und erreichen nach gut 90 Minuten den Ochsensitz.

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Der Gipfel, der eigentlich kein richtiger Gipfel ist, wie ich finde – eine kleine Anhöhe, die sich nur bei genauem Hinschauen vom Rest absetzt.

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Es fühlt sich an wie Frühling. Vereinzelte Schneefelder durchqueren wir mit Leichtigkeit und verlassen nach wenigen Minuten den Wald. Vor uns thront der Ziegelspitz. Ein Mann vom DAV Augsburg lungert gemütlich in der Sonne. Die Puste ist ihm ausgegangen. Keinen Schritt mehr weiter, sagt er. Wir grüßen freundlich und laufen den Kamm entlang hinauf zum Ziegelspitz. Von hier aus können wir die Notkarspitze das erste Mal sehen. Es liegt noch ein gutes Stück Weg vor uns. Erst hier wird mir das Ausmaß der Tour wirklich bewusst, zumal Schnee und Eis den Aufstieg sicherlich nicht einfach werden lassen.

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Der Rest der großen DAV Gruppe empfängt uns auf dem Gipfel des Ziegelspitz und rät uns vom Weitergehen ab. Der Weg sei gefährlich und durch den Schnee würde man ständig versinken. Wir lassen uns nicht einschüchtern. Der DAV hat Respekt, verständlich, dennoch sollte man als Bergsteiger die Flinte nicht zu früh ins Korn werfen. Doch bevor wir kritisieren überzeugen wir uns selbst und laufen den langen Grat entlang, dankbar darüber, dass uns die Gruppe den Weg quasi „freigetrampelt“ hat.

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Es ist ein beschwerlicher Aufstieg. Wir sinken regelmäßig bis zu den Hüften in den weichen Schnee ein. Der Pfad ist mitunter so schmal, dass uns Schneeschuhe womöglich auch nicht weitergeholfen hätten. Rechts neben uns ragt die gewaltige Wand der Notkarspitze auf. Die Oberfläche des Schnees ist glatt und spiegelt die Sonne. Wir haben Respekt, könnte sich beim Aufstieg doch eine Schneeplatte lösen und eine Lawine auslösen, zuletzt sogar uns mitreißen. Wir sind wachsam als wir nun am Ende der Schneespuren des DAV stehen. Der lange Kamm, der hinauf zum Gipfel führt ist steil und ohne Fußspuren. Wir sind die ersten hier. Weg finden, heißt es. Rechts geht es steil hinunter. Ein paar Meter steigen wir noch ab bis zur Scharte und schlängeln uns dann sehr langsam immer oberhalb der Lawinenschützenden Latschenkiefern einen Weg hinauf.

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Am Ende stehe auf auf dem breiten und flächigem Gipfel der Notkarspitze. Was für ein Erlebnis. Gute dreieinhalb Stunden haben wir gebraucht. Für den Abstieg nochmal zweieinhalb Stunden. Letzterer ist sogar beschwerlicher als der Aufstieg.

Unten angekommen bin ich doch recht ausgepowert. Damit habe ich nicht gerechnet. Vor allem die letzten Meter zum Gipfel wurden durch den Schnee zu einem kleinen alpinen Abenteuer. Für Anfang März eine tolle Tour zum warmwerden, die jedoch nur für geübte Bergfreunde geeignet ist. Also lieber vorab den Tourenverlauf nochmal genauer studieren bevor man im Schnee vom Weg abkommt.

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